Abschlussveranstaltung zum Sonderprogramm "Zugänge erhalten - Digitalisierung stärken"
Im Düsseldorfer Landtag hat die Stiftung Wohlfahrtspflege Bilanz gezogen und die Wissenschaftliche Evaluation durch die Hochschule Düsseldorf offiziell entgegengenommen.

Der Stiftungsratsvorsitzende der Stiftung Wohlfahrtspflege Marco Schmitz bekommt von der Präsidentin der Hochschule Düsseldorf Professorin Edeltraud Vomberg die wissenschaftliche Evaluation überreicht.
42 Millionen Euro für die Digitalisierung der Sozialen Arbeit in Nordrhein-Westfalen
Unter der Überschrift für das Sonderprogramm „Zugänge erhalten – Digitalisierung stärken“ hat die Stiftung Wohlfahrtspflege NRW mit Beginn der Pandemie die Herausforderung für die Träger und Einrichtungen der sozialen Arbeit erkannt und mit rund 42 Millionen Euro über 650 Projekte für die Digitalisierung im Bereich Sozialer Arbeit gefördert. Bei der Abschlussveranstaltung im Düsseldorfer Landtag zog die Stiftung Bilanz. „Ein solches Programm ist bundesweit einmalig“, sagt der Stiftungsratsvorsitzende der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW Marco Schmitz. „Wir haben hier bewiesen, dass wir Innovationsmotor der Sozialen Landschaft in NRW sind und darauf sind wir stolz.“
Die Projekte waren so unterschiedlich wie die Soziale Arbeit vielfältig ist. Die Pandemie hat auch im Bereich Soziale Arbeit wie ein Brennglas gewirkt und Versäumnisse der Vergangenheit im Bereich Digitalisierung offenbart. Mithilfe des Sonderprogramms konnten viele Einrichtungen nicht nur während des Lockdowns Zugänge erhalten und den Anschluss an die Digitalisierung schaffen, sondern sich auch nachhaltig für die Zukunft aufstellen.
Ausdrücklich ging das Programm weit über die rein technische digitale Ausstattung hinaus. Es sind digitale Tools und neue Konzepte entwickelt und eingesetzt worden, die das Arbeiten langfristig auch ohne pandemisch bedingte Einschränkungen erleichtern. So sind in den drei DRK-Kitas in Herford beispielsweise I-Pads, Kameras und Mikrophone angeschafft worden. Viel wesentlicher findet Geschäftsführer und Kitaleiter Ralf Hoffmann allerdings, dass man sich mit den Kitas als Bildungspartner im Kontext digitaler Transformation positionieren konnte. Ein Konzept des Bildungsministeriums sieht Digitalisierung auch für den Kita-Bereich vor, aber „vor der Förderung war das ein Papier. Jetzt haben wir die Mittel und konnten ein Übungsfeld etablieren“, sagt Hoffmann, „Tablets sind in der Kita heute Werkzeug und kein Spielzeug“. Jetzt nehmen zum Beispiel Großeltern Geschichten aus ihrer Kindheit auf eine Tonie-Figur auf, die dann in der Gruppe abgespielt wird.
Mit Hilfe des Sonderprogramms konnten bestimmte Zielgruppen besser erreicht werden, für andere wurde die digitale Teilhabe, die heute Teil der gesellschaftlichen Teilhabe ist, überhaupt erst ermöglicht. So berichtet Sabine Rupp vom Vringstreff, der sich in Köln um Wohnungslose kümmert, dass Vereinsamung auf der Straße im digitalen Kontext ein Stück weit überwunden werden kann. Der Vringstreff hat Wohnungslose fit gemacht im Umgang mit Smartphones und dem Internet. Sie erzählt von einer Frau, die einen Kontakt aus Schulzeiten wiedergefunden hat, weil sie nach dem Besuch der digitalen Lernwerkstatt wusste, wie das funktioniert.
Britta Buschfeld vom Frauenforum Unna erzählt, dass sich dank neuer Formate jetzt auch Klientinnen melden, die vorher den Weg eher nicht zur Beratungsstelle gefunden haben. Dazu gehören junge digital-affine Frauen ebenso wie Akademikerinnen oder Berufstätige, für die die Hemmschwelle persönlich in eine Beratungsstelle zu gehen größer zu sein scheint, als eine Online- Beratung in Anspruch zu nehmen. Buschfeld betont wie wichtig im Verlauf des Projektes auch externe Unterstützung war. „Wir hatten eine Ansprechpartnerin, die sich um alle Sorgen gekümmert hat – von ‚der Bildschirm geht nicht an‘ bis zu Tipps zum Thema Datenschutz. Das war extrem wertvoll.“
Das Sonderprogramm „Zugänge erhalten – Digitalisierung stärken“ hat mit der Projektförderung neue Arbeitsabläufe und Veränderungen von Zuständigkeiten angestoßen und so tiefgreifende Effekte auf Unternehmenskulturen. „Das war für uns ein echter Quantensprung“, erzählt Ingrid Kahlke-Effenberger vom Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln. 16 Verbände haben hier daran gearbeitet, in der Digitalisierung nach vorne zu kommen. Nicht nur die einzelnen Verbände, auch die Mitarbeiter standen jeweils an unterschiedlichen Stellen, was das Thema Digitalisierung betrifft. Die Mitarbeiter haben am Ende neue Formate entwickelt, die auch nach Corona bleiben, und viel Sicherheit im Umgang mit digitalen Medien gewonnen. Auch beim Frauenforum Unna sind inzwischen verschiedene Formen der Zusammenarbeit etabliert, digitale Möglichkeiten lassen sich oft besser mit Teilzeitarbeit oder Homeoffice umsetzen.
Das Sonderprogramm wurde von der Hochschule Düsseldorf wissenschaftlich begleitet. Die Ergebnisse zeigen: Digitalisierung und Soziale Arbeit sind kein Widerspruch. Die Soziale Arbeit in NRW zeigt sich bereit für die digitale Transformation! Es braucht gute Rahmenbedingungen, den Einbezug aller Beteiligten und den Mut, eingelaufene Pfade zu verlassen.
Die Hochschule Düsseldorf, die gerade einen neuen Studiengang Soziale Arbeit und Digitalität unter dem Dach seines Zentrums für Digitalisierung und Digitalität plant, hat das Sonderprogramm mit Blick sowohl auf Mitarbeitende und Führungskräfte der Einrichtungen als auch auf die Nutzer:innen der jeweiligen Angebote untersucht. Sie haben auf Seiten der Mitarbeitenden große Unterschiede im Bereich der digitalen Kompetenz festgestellt, aber auch eine hohe Bereitschaft, sich mit Aspekten der Digitalisierung auseinanderzusetzen. Positiv ausgewirkt haben sich im Projektverlauf entsprechend Schulungen für die Mitarbeitenden, eine positive Grundeinstellung zum Thema sowie die Unterstützung durch externe Dienstleister. Eher hinderlich waren zum Teil fehlende Zugangsmöglichkeiten zu digitaler Technik. Wie überall war es auch im Bereich der Sozialen Arbeit gerade zu Beginn der Pandemie nicht leicht, überhaupt die entsprechende Ausstattung und IT-Leistungen zu bekommen, weil das Angebot schlicht nicht ausreichend war. Auch Vorgaben für den Datenschutz – zum Beispiel bei der Auswahl der geeigneten Technik, wurden als eher hinderlich wahrgenommen.
Die Auswertung zeigt, Arbeitsprozesse sind effizienter geworden und der persönliche Kontakt bleibt wichtig. Die Sorge, dass der persönliche Kontakt an Bedeutung verliert, die einige zu Beginn noch hatten, hat sich damit nicht bestätigt. Die Auswertung zeigt auch: dass es einer nachhaltigen strategischen Entwicklung im Bereich Digitalisierung bedarf und in dieser Strategie die Qualifizierung der Beschäftigten und Klientinnen und Klienten sowie die Organisationsentwicklung mitgedacht werden müssen.